Tonfilm
Bereits 1877 veröffentlichte W. Donisthorpe einen Plan, ein ihm 1876 patentiertes Lebensrad mit dem 1877 von Edison erfundenen Phonographen zu verbinden.
Edison begann seine Arbeiten am Kinematographen, um den Ton seines Phonographen durch ein bewegtes Bild zu ergänzen. Bereit bei den ersten Versuchen wurden Ton- und Bildapparat verbunden. 1893 wurde das Kinetoskop in Verbindung mit einem Phonographen herausgebracht, sodass hier bereits „Tonbilder“ geboten wurden.
Die ersten Projektionsbilder wurden als Stummfilme vorgeführt, da es Sprechmaschinen mit ausreichender Lautstärke nicht gab. Versuche wurden zwar frühzeitig begonnen, beispielsweise versuchte Messter bereits 1896 Kinematograph und Phonograph gleichlaufend vorzuführen.
L. Gaumont führte am 7. November 1902 in der Französischen Photographischen Gesellschaft zu Paris einen Kinematographen im Gleichlauf mit einem Grammophon vor, doch kam es anschließend hieran noch nicht zu einer Einführung von Tonfilmen. Inzwischen war auch Messter mit seinen immer wieder aufgenommenen Versuchen zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen und vom 30. August 1903 ab führte er im Apollotheater in Berlin erstmalig Tonfilme vor. Zu jedem Kinoprogramm gehörte bald ein „Tonfilm“. Es handelte sich dabei um Bilder, deren Länge der Spieldauer der damaligen Schallplatten angepasst war. Die ersten „Tonfilme“ wurden in der Weise hergestellt, dass zu einer vorhandenen, im Handel befindlichen Schallplatte ein Bild gleichlaufend aufgenommen wurde. Bei der Bildaufnahme ließ man die Schallplatte ablaufen, und der Schauspieler bemühte sich, möglichst im Gleichlauf zu spielen. Erst später wurden Ton und Bild auch gleichzeitig aufgenommen.
Die mangelhafte Tontechnik der damaligen Zeit ermöglichte keine ausreichend lautstarke und klanglich befriedigende Tonwiedergabe, sodass diese ersten Tonfilme wieder allmählich außer Gebrauch kamen, als in den Jahren 1910 bis 1913 das stumme Lustspiel anfing, einen gehaltvolleren Inhalt zu bekommen, obwohl Messter in der Zeit von 1903 bis 1914 ungefähr 550 „Tonfilme“ mit einer Gesamtlänge von ungefähr 30.000 m herausgebracht hatte.
Neue Aussichten für den Tonfilm ergaben sich erst, als durch die Verstärkertechnik der Tonwiedergabe neue Möglichkeiten erschlossen wurden. Es ist das Verdienst dreier deutscher Erfinder, Engl, Vogt und Masolle, in den Jahren 1918 bis 1922 ganz planmäßig alle Einzelheiten eines hochwertigen Tonfilmverfahrens entwickelt zu haben. Ihr Leitgedanke war, dass eine wirklich hochwertige Tonwiedergabe nur möglich ist, wenn möglichste Trägheitslosigkeit aller an der Tonaufzeichnung und Wiedergabe beteiligten Mittel angestrebt wird. Sie gingen dabei von der photographischen Aufnahme von Tönen aus, zu der Ruhmer bereits 1901 die grundlegenden Versuche durchgeführt hatte. Das Entscheidende war aber nicht diese Verwendung des Lichttonfilmes, der auch von anderen benutzt wurde, Lauste 1906, Lifschitz 1910, Berglund 1910 und anderen. Wesentlich war, dass Engl, Vogt und Masolle jede, aber auch jede Kleinigkeit ganz planmäßig untersuchten, Photozellen, Verstärker, steuerbare Lichtquellen, den photographischen Vorgang, Mikrophone und Lautsprecher. Der neue Tonfilm konnte nicht weniger als die reine Bildwiedergabe durch eine geniale Idee geschaffen werden, sondern nur durch sorgfältigste Kleinarbeit.
1922 erfolgte die erste öffentliche Vorführung des Triergon-Verfahrens, wie das Verfahren zur Kennzeichnung der hier geleisteten Gemeinschaftsarbeit genannt wurde. Es wurde hier ein technisch vollendetes Verfahren geboten. Gleichlauf von Ton und Bild zeigte die höchste mögliche Vollkommenheit, war doch das gleiche Filmband Bild- und Tonträger. Die Tonwiedergabe selber zeigte eine Lautstärke und eine Wiedergabe von Feinheiten, wie sie bei anderen Tonwiedergabemitteln kaum bekannt war. Die Güte des Bildes entsprach dem bereits erreichten hohen Stande des bewegten Bildes. Technisch war alles gelöst, sogar viel besser gelöst als die technische Aufgabe des bewegten stummen Bildes zu der Zeit, als dieses seine weitere Verbreitung fand.
Trotzdem setzte sich das Verfahren damals noch nicht durch. Der Grund hierfür dürfte in folgendem zu suchen sein: 1922 hatte der stumme Film eine beachtliche künstlerische Höhe erreicht. Es wurden Filme hergestellt, die dem Zuschauer bereits mehr boten als einen reinen Zeitvertreib. Der fehlende Ton schränkte zwar die Ausdrucksmöglichkeit ein, man hatte es aber bereits gelernt, durch abwechslungsreiche Bildfolgen, überraschende Standpunkte der Kamera und Verbundbilder diesen Mangel weniger fühlbar zu machen. Titel und besonders zusammengestellte Begleitmusik halfen über noch verbleibende Schwächen hinweg.
Vogt, Engl und Masolle waren ausgesprochene Techniker, die wohl die letzten technischen Feinheiten bedachten, die aber dem Inhalt ihrer Bilder keine besondere Beachtung schenkten. Ihre Versuchsaufnahmen wurden lediglich danach ausgesucht, ob sie besondere tonliche Schwierigkeiten boten, ob bei der Sprache die Zischlaute und bei den Musikinstrumenten die Klangfarbe richtig wiedergegeben wurde, und ähnliche technische Einzelheiten. Der Inhalt der Bilder war belanglos; ein Hühnerhof, dessen Geschehen zu keiner besonderen Betrachtung reizte, eine sogenannte Spielszene, bei der ein Ständchen gebracht wurde, ohne dass ein besonderer, inhaltlich begründeter Zweck des Bildes erkennbar war. Es wurde kein Bild gezeigt, das als Beispiel dafür gelten konnte, wie die künstlerische Ausdrucksmöglichkeit des Bildes durch den hinzukommenden Ton gesteigert werden konnte. Der Filmkünstler sträubte sich gegen die Ansichten, dass der Ton überhaupt eine Bereicherung der Ausdrucksmöglichkeiten bringt und zwar aus durchaus verständlichen Gründen: denn seine oben erworbenen Fähigkeiten, durch das stumme Bild möglichst viel auszudrücken, wären dadurch wertlos geworden.
Um als Rummelplatz-Angelegenheit anzufangen, wie es seinerzeit der stumme Film getan hatte, dazu war der neue Tonfilm zu kostspielig, auch war die breite Masse der Zuschauer inzwischen durch den stummen Film so erzogen worden, dass ein solcher Versuch aussichtslos erschien.
So dauerte es noch rund sechs Jahre, ehe der Tonfilm sich durchsetzte. Es begann damit, dass eine amerikanische Firma den Tonfilm als letzten Rettungsanker gegen bestehende Schwierigkeiten aufgriff und die ersten großen Spielfilme schuf, bei denen der Ton als maßgebendes Ausdrucksmittel in den Ablauf der Handlung eingeflochten war. Eingestreute rührende Lieder konnten eben nicht durch noch so geschickte Bilder mit nebenlaufender Begleitmusik ersetzt werden. Der große Erfolg dieser ersten, auch inhaltlich berechtigten Tonfilme wurde mit technischen Mitteln erreicht, die bei weitem nicht die Höhe besaßen, wie sie sechs Jahr vorher das von Vogt, Engl und Masolle entwickelte Verfahren bereits zeigte. Eine geringere technische Leistung wurde hier durch eine größere künstlerische Leistung mehr als aufgewogen.
Es dauerte zwar noch ein bis zwei Jahre, bis auch andere Beispiele für eine Erweiterung der Ausdrucksmöglichkeiten durch den Ton gefunden wurden, und so lange konnten sich die rein optisch eingestellten Künstler damit trösten, dass der Tonfilm nur eine vorübergehende Erscheinung sein würde. Der endgültige Sieg des Tonfilms war aber nicht ein Erfolg der fortschreitenden Technik, sondern wurde dadurch bedingt, dass die künstlerischen Gestalter des Filmes allmählich lernten, dieses neue Ausdrucksmittel so zu gebrauchen, dass damit auch Neues ausgedrückt wurde, was dem stummen Film verschlossen war.